Theater: Sensibler Umgang mit schwerem Thema

Schüler der Elisabeth-Selbert-Schule beeindrucken mit Theaterstück um Pädophilie

Hameln. „Ich hatte Gänsehaut und war emotional so betroffen, dass ich nicht in der Lage war, zu applaudieren. Ein derart sensibler Umgang mit diesem schweren Thema, eine grandiose Leistung der Schauspielerinnen und Schauspieler“, zollt Mirjam Otterstätter ihren Schülerinnen und Schülern der Klasse SP 14A hohes Lob. Damit fasst sie zusammen, was rund 400 Zuschauer bei der Aufführung des Theaterstückes „Lach doch mal“ im Forum der Elisabeth-Selbert-Schule empfunden haben dürften.

Autor: Barbara Jahn-Deterding veröffentlicht am 30.03.2015 um 06:00 Uhr

Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher haben innerhalb des Themenbereichs Gewaltprävention ein Theaterstück entwickelt, das den Missbrauch von Kindern zum Inhalt hat. „Das Stück zeigt, inwieweit die Seele eines 15-jährigen Mädchens durch den Missbrauch ihrer Unschuld in Form von Bildern zerstört wird“, sagt Valerie Stadermann. Sie zeichnet weitgehend für das Regiebuch des Stückes verantwortlich und fährt fort: „Durch die pädophile Neigung des Vaters gerät die Familie in einen Teufelskreislauf aus Verdrängung, Schuld und falschen Versprechungen. Das Stück soll zeigen, wie schwer es für die Betroffenen Opfer ist, aus ihrer Situation herauszukommen und diese Erfahrungen zu verarbeiten.“

Die 15-jährige Hauptfigur des Stücks bessert ihr Taschengeld durch anfänglich harmlose Fotoaufnahmen auf. Die Fotografin, eine Freundin der Familie, überredet sie dazu, doch mehr zu zeigen, als nur ihr hübsches Gesicht. Als der pädophil veranlagte Vater beim Betrachten einschlägiger Seiten im Internet auf Aufnahmen seine Tochter stößt, ist seine Empörung groß. Zumindest im ersten Augenblick, denn dann übt er zunehmend mehr Druck auf seine Tochter aus, sich unbekleidet fotografieren zu lassen. Die Geldsorgen der Familie sind dabei einer der Beweggründe. Die Tochter isoliert sich zunehmend von ihrem Umfeld, weiß nicht, wem sie sich anvertrauen soll, und erleidet einen Zusammenbruch. Die Sozialarbeiterin der Schule schöpft Verdacht, der Vater wird verhaftet und verurteilt.

Großartig, mit welchen Stilmitteln die jungen Leute die Geschichte unter Anleitung ihres Lehrers, des Antigewalt- und Kompetenztrainers Steffen Knippertz, auf die Bühne gebracht haben. Wenn Philip Pasieka sich als Vater vor seinen Computer setzt und dabei nur seinen Gürtel öffnet, ist damit ebenso alles gezeigt, wie in dem Moment, wenn Maya Blumenthal als Tochter hinter einem Paravent ihren Pullover über den Kopf streift. Beeindruckend die Darstellung vom guten und schlechten Gewissen des Vaters durch zwei Schülerinnen, kaum auszuhalten die vermeintliche Ahnungslosigkeit der Mutter. Betroffenheit, wenn die Tochter anklagend ins Publikum fragt: „Und wo warst Du?“

Die Leiterin der Abteilung Sozialpädagogik an der Elisabeth-Selbert-Schule, Susanne Hoffmann, zeigt sich mit dem Projekt sehr zufrieden: „Über dieses Stück können die Schülerinnen und Schüler Menschen auf ein schwieriges Thema aufmerksam machen und sensibilisieren. Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher arbeiten bereits während ihrer Ausbildung und später im Beruf mit Kindern und Jugendlichen zusammen.“ Ihnen sei bewusst, dass solche Neigungen Teil der gesellschaftlichen Realität sind. Die Debatte um das Urteil in der Edathy-Affäre habe das Thema Pädophilie noch mehr in den Blickpunkt gerückt und zu Diskussionen Anlass gegeben. Der Begriff Pädophilie bezeichnet das primäre sexuelle Interesse an Kindern, die noch nicht die Pubertät erreicht haben. Im Theaterstück „Lach doch mal“ steht jedoch auch der Missbrauch im Fokus. Psychologisch wird als Missbrauch verstanden, wenn eine Handlung das Opfer in seiner Persönlichkeit verletzt und ihm psychischen Schaden zufügt.

Die Hauptdarstellerin, Maya Blumenthal, verdeutlicht das Ziel des Theaterstückes: „Wichtig ist mir und der Klasse aufzuzeigen, wie schlimm es für Menschen ist, die sich in einer solchen Situation befinden. Aber genauso wichtig ist, dass wir mit unserem Stück Handlungsmöglichkeiten für die Opfer aufzeigen und deutlich machen, dass es einen Ausweg gibt.“ Wie Hilfe aussehen kann, zeigt die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Hameln, Elisabeth Beerbom-Schönig, auf: „Die Gewaltberatungsstelle des Kinderschutzbundes ist Anlaufstelle für Opfer und Zeugen. Hier bekommen Kinder, Jugendliche, Angehörige und Fremdmelder kostenfreie und unbürokratische Unterstützung.“ Sie appellierte an die Schüler, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. „Einfach großartig, wie sie das Thema Missbrauch auf die Bühne gebrachten und es verstanden haben beim Zuschauer eine starke Betroffenheit auszulösen“, würdigt Beerbom-Schönig die Leistung. Sie weiß auch sofort, wie die Summe von 500 Euro aus Spenden und Eintrittsgeldern, die die Klasse SP 14A an den Kinderschutzbund überreicht, eingesetzt werden wird: „Wir werden das Geld für Fachlektüre für die Mitarbeiterinnen der Gewaltberatungsstelle und für ein Spielgerät für den Garten unserer Krippe verwenden.“

Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher haben innerhalb des Themenbereichs Gewaltprävention ein Theaterstück entwickelt.

 

Quelle:https://www.dewezet.de/region/hameln_artikel,-sensibler-umgang-mit-schwerem-thema-_arid,696478.html